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Das Wassermolekül weist einen Dipol-Charakter auf. Es verfügt über besondere Benetzungs- und Lösungseigenschaften. Wenn ein Pulver mit Wasser benetzt wird, möchten die Partikel aneinanderhaften. Wasser ist ein häufig verwendetes Bindemittel für Agglomerationsverfahren. Das Entfeuchten/ Trocknen benötigt relativ viel Energie.

Das Wassermolekül weist einen Dipol-Charakter auf. Es verfügt über besondere Benetzungs- und Lösungseigenschaften. Beim Benetzen eines Pulvers mit Wasser neigen die Partikel dazu, Agglomerate zu bilden.

Faktoren für eine funktionierende Pulverbefeuchtung im Mischprozess

In vielen Industrien werden Schüttgüter routinemäßig mit verschiedensten Flüssigkeiten benetzt. Auf den ersten Blick erscheint das Benetzen einer festen Oberfläche mit einer Flüssigkeit trivial, etwa wenn Regen auf den Boden trifft oder ein erhitztes Schmiedeteil in Wasser abgeschreckt wird. Die Benetzung pulverförmiger Feststoffe ist hingegen deutlich komplexer:

  1. Pulver besitzen eine sehr große spezifische Oberfläche.
  2. Sie haben ausgeprägte Kapillarstrukturen.
  3. Außerdem weisen sie unterschiedliche (heterogene) Partikeloberflächen auf.

Diese Faktoren bestimmen die Benetzungsgeschwindigkeit und das Eindringen in die Poren. In der Praxis führt dies häufig zu unerwünschten Effekten:

  • Es bilden sich unerwünschte Agglomerate oder Klumpen
  • Die Flüssigkeit verteilt sich nicht homogen im Partikelkollektiv
  • Das befeuchtete Pulver hat schlechte Fließeigenschaften
  • Es kommt zu Anhaftungen im Mischer, die den Prozess stören

Solche Probleme lassen sich meistens gut lösen. In schwierigeren Fällen kann es dennoch hilfreich sein, sich einige physikalische Zusammenhänge zu vergegenwärtigen.

Pulverbefeuchtung kann zu ungewollter Verschmutzung des Mischers führen

 

Je nach Viskosität und Adhäsionsneigung der Flüssigkeit können sich Anhaftungen an den Wandungen und den Mischwerkzeugen bilden. Ein hoher Füllgrad des Mischraums wirkt dem entgegen, da das trockene Pulver als absorbierendes Medium dient. Das Vormischen der trockenen Komponenten ist daher eine sinnvolle Vorstufe des Benetzens. Multi-Step-Mischprozesse lassen sich besonders gut im amixon®-Konusmischer umsetzen.

Für die Vermeidung von Anhaftungen ist die Art des Flüssigkeitseintrags entscheidend. Hohe Konzentrationsgradienten sollten vermieden werden. Aus diesem Grund verwendet amixon® Einbringlanzen, die in den unteren Bereich des Mischraums hineinragen. Der Volumenstrom der Flüssigkeit richtet sich nach dem Adsorptionsvermögen des Pulvers und nach der Drehzahl der Mischwerkzeuge. Eine höhere Relativgeschwindigkeit zwischen Tropfen und Partikelstrom begünstigt eine feine Dispergierung. Dieser Effekt lässt sich mit der Weber-Zahl beschreiben.

We = ρ v² d / γ

ρ … Dichte der Flüssigkeit
v … relative Geschwindigkeit der Tropfen zum Pulver
d … charakteristischer Tropfendurchmesser
γ … Oberflächenspannung

Die Weberzahl setzt die Trägheitskräfte eines Tropfens in Beziehung zu den stabilisierenden Oberflächenkräften. Hohe Werte begünstigen die Zerteilung der Tropfen und somit eine gleichmäßigere Verteilung im Pulver. Niedrige Werte begünstigen hingegen große Tropfen, die eher an den Wandflächen oder an den Mischwerkzeugen haften bleiben.

Anhaftungen im Mischer sollten grundsätzlich vermieden werden, da sie im Endprodukt zu fehlenden Flüssigkeitsanteilen führen können. Zudem neigen sie dazu, sich von Charge zu Charge zu vermehren und sich bei Gelegenheit unkontrolliert abzulösen. Anhaftung erhöht die Reibung im Mischraum, erzeugt lokale Erwärmung und kann im Extremfall die Werkzeuge blockieren. Die optimale Methode des Flüssigkeitseintrags lässt sich im amixon®-Technikum unter praxisnahen Bedingungen ermitteln.

Wie Flüssigstoff-affin ist die Pulveroberfläche? Wie ist die Kapillarität des Pulvers beschaffen?

 

Die Affinität eines Pulvers gegenüber einer Flüssigkeit wird durch die Oberflächenenergie seiner Partikel sowie durch seine Kapillarstruktur bestimmt. Beide Größen steuern, wie leicht die Flüssigkeit vorrückt oder zurückweicht. Ein geeignetes physikalisches Maß dafür ist der Kapillardruck. Er beschreibt die Kraft, mit der eine Flüssigkeit in die Poren und Zwischenräume des Pulvers eingezogen wird.

Δp = (2 γ cos θ) / r

Δp ist der Kapillardruck.
γ  bezeichnet die Oberflächenspannung der Flüssigkeit.
θ  ist der Kontaktwinkel zwischen Flüssigkeit und Pulveroberfläche.
r  ist der effektive Kapillarradius im Pulver.

Hohe Oberflächenspannung und kleine Kontaktwinkel erzeugen einen hohen Kapillardruck. Die Flüssigkeit dringt dann schnell und tief in das Pulver ein. Große Kontaktwinkel reduzieren den Kapillardruck deutlich. Die Flüssigkeit verharrt an der Partikeloberfläche. Kleine Kapillarradien erhöhen die Einsaugwirkung, können aber auch die Neigung zu Anbackungen verstärken.

Erläuterungen zum Bild:
a) Geringe Oberflächenspannung, b) Hohe Oberflächenspannung, c) Rückfließende Flüssigkeit, d) Vorrückende Flüssigkeit, e) Flüssigstoff wird in den Turbolenzbereich des Wirblers injiziert (Einstoffdüse), f) Flüssigstoff wird mikrofein versprüht und das Pulver wird fluidisiert (Zweistoffdüse)

Kapillarität des Pulvers und Oberflächenspannung der Flüssigkeit

 

Die Kapillarstruktur des Pulvers und die Oberflächenspannung der Flüssigkeit beeinflussen, wie leicht ein Flüssigkeitsstoff in die Poren der Partikel eindringt. Bei einer niedrigen Oberflächenspannung benetzt die Flüssigkeit die Partikeloberfläche spontan. Sie dringt auch in feine Kapillaren ein. Bei hoher Oberflächenspannung ist der Kapillardruck hingegen gering. Die Flüssigkeit bleibt an der Oberfläche stehen und füllt die Poren nur widerwillig. Dies gilt sowohl für Einzelpartikel als auch für die Hohlräume eines Pulvergemisches. In diesen Fällen ist eine gleichmäßige Flüssigkeitsverteilung nur möglich, wenn das Pulver intensiv durchmischt und mechanisch verrieben wird.

Querschnitt zweier Partikel mit offenen und geschlossenen Poren

Querschnitt zweier Partikel mit offenen und geschlossenen Poren

Partikelsystem, das während des Mischens benetzt wird

Partikelsystem, das während des Mischens benetzt wird

Die homogene Benetzung eines Pulvers ist nicht trivial.

 

Im trockenen Zustand liegen die Partikel dicht beieinander. Zwischen ihnen befindet sich Luft. Diese Hohlräume verändern sich beim Mischen ständig. Wird eine Flüssigkeit hinzugefügt, muss die Luft aus den Poren verdrängt werden. Zunächst bildet die Flüssigkeit eine dünne Adsorptionsschicht um die Partikel. Diese Schicht haftet fest und kann nur durch Erhitzen entfernt werden.

Wenn der Flüssigkeitsanteil zunimmt, entstehen an den Kontaktstellen Kapillarbrücken. Dabei können sich die Partikel verbinden. So beginnt eine Aufbaugranulation. Durch weiteren Flüssigkeitseintrag füllen sich größere Hohlräume. Sind alle Kapillaren gefüllt, ist das Pulver gesättigt. Es geht dann in eine Suspension über. Das Eindringen der Flüssigkeit in die Kapillaren lässt sich mit der Washburn-Gleichung beschreiben.

L² = (γ * cos(θ) / (2 * μ)) * r * t.

L ist die Eindringtiefe
γ ist die Oberflächenspannung
θ ist der Kontaktwinkel und eta die Viskosität
η ist die Viskosität
r ist der Kapillarradius
t ist die Zeit.

Ein kleiner Kontaktwinkel und eine niedrige Viskosität fördern das Eindringen. Eine hohe Viskosität oder hydrophobe Oberflächen hingegen bremsen es. Die Benetzbarkeit hängt von der Mikrostruktur der Partikel ab. Rauheit verändert den scheinbaren Kontaktwinkel. Dies beschreibt die Wenzel-Beziehung:

cos(θW) = rf * cos(θ)

θW ist der scheinbare Kontaktwinkel auf rauer Oberfläche
rf ist der Rauheitsfaktor.

Heterogene Oberflächen zeigen ein anderes Verhalten. Dafür gilt die Cassie-Baxter-Gleichung:

cos(θCB) = f₁ * cos(θ₁) + f₂ * cos(θ₂)

θCB ist der scheinbare Kontaktwinkel auf einer gemischten Oberfläche
f₁ und f₂ sind die Flächenanteile unterschiedlicher Oberflächentypen

Bei niedriger Oberflächenspannung und hoher Affinität kann eine schnelle Flash-Absorption auftreten. Die Flüssigkeit wird sofort aufgenommen. Dabei können leicht Agglomerate entstehen. Eine längere Mischzeit verbessert die Verteilung dann kaum. In solchen Fällen sollte die Flüssigkeit daher langsam und fein versprüht werden. Die Zugabe unterhalb des Schüttgutlevels verbessert die Selbstreinigung des Mischers. Zudem werden freie Tropfen an der Wand und an den Mischwerkzeugen verhindert.

 

Physikalische Hintergründe von Anhaftung und Filmbildung

 

Bei der Benetzung von Pulvern entstehen oft unerwünschte Anhaftungen. Diese werden durch komplexe physikalische Effekte bestimmt. Viele der dafür notwendigen Stoffparameter sind in der Praxis jedoch nicht verfügbar. Ihre experimentelle Bestimmung ist aufwändig und teuer. Trotzdem ist es hilfreich, die grundlegenden Zusammenhänge zu kennen. Ein solcher Mechanismus ist die Marangoni-Konvektion. Dabei bewegen sich Flüssigkeitsfilme, wenn sich ihre Oberflächenspannung lokal ändert. Bereits kleine Temperatur- oder Konzentrationsunterschiede können solche Strömungen auslösen. 

Ma = ((dγ/dT) * L * dT) / (μ * α)

Ma ist die Marangoni-Zahl
γ ist die Oberflächenspannung
dT ist die Temperaturdifferenz
µ ist die dynamische Viskosität
α ist die Wärmeleitfähigkeit
L ist die charakteristische Länge.

Hohe Ma-Werte führen zu instabilen Flüssigkeitsfilmen. Der Film beginnt, sich zu bewegen oder an einer Stelle zu sammeln. Dadurch entstehen im Mischprozess lokale Anhaftungen, die schwer zu lösen sind. Ein weiterer relevanter Mechanismus ist die Adhäsion klebriger Flüssigkeitsfilme. Hier beschreibt das JKR-Modell die Haftkraft zwischen zwei sich berührenden Körpern.

F = (3/2) * π * R * W

F ist die Haftkraft
R ist der Kontaktradius
W ist die spezifische Adhäsionsarbeit.

Hohe Werte von W bedeuten eine starke Anhaftung. Kleine Tropfen oder Filminseln haften dann besonders fest an Mischwerkzeugen oder Wandungen. Viele dieser Parameter, insbesondere W, sind für reale technische Produkte jedoch kaum bekannt. Ihre Messung ist teuer und nur für wenige Pulver-Flüssigkeitskombinationen dokumentiert. Dennoch sind die physikalischen Hintergründe hilfreich. Sie erklären globale Tendenzen. Sie ersetzen jedoch keine realen Versuche.

Im amixon® Technikum können die verschiedenen Benetzungsverfahren getestet werden.

Im amixon® Technikum können die verschiedenen Benetzungsverfahren getestet werden.

Sind praktische Tests im Mischer noch zeitgemäß?

 

Ja, denn obwohl wir Pulver und Flüssigkeiten heute präzise charakterisieren können, bleiben Pulvermischungen und Benetzungsprozesse komplex. Disperse Systeme reagieren empfindlich auf schwankende Rohstoffkomponenten. Während sich Flüssigstoff-Mischvorgänge inzwischen gut simulieren lassen, ist das bei dispersen Systemen nicht möglich. Mischversuche erfassen jedoch auch unerwartete Effekte, die Simulationen oft verfehlen.

Multi-Step-Verfahren sind besonders interessant bei der Zubereitung von Instantgetränken oder Nährmitteln.

Im amixon®-Technikum setzen wir nahezu täglich unterschiedliche Benetzungsverfahren ein. Anhand Ihrer Originalprodukte zeigen wir Ihnen, wie sich Ihre Pulver verhalten, wie sie aussehen, wie sie fließen und wo sie haften. Praktische Versuche liefern klare und verlässliche Ergebnisse, die auch für belastbare Hochrechnungen genutzt werden können. Sie bleiben daher unverzichtbar.

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