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Fließeigenschaften

 

Das Fließverhalten von Schüttgütern ist ein zentrales Thema in der Verfahrenstechnik. Im Gegensatz zu Flüssigkeiten, die im Ruhezustand nur vertikale Druckkräfte auf die Behälterwand ausüben, erzeugen Schüttgüter im Ruhezustand zusätzlich Schubkräfte. Diese resultieren aus der inneren Reibung des Schüttgutes und der Wandreibung. Die innere Reibung ist stoffspezifisch und druckabhängig. Das Verhalten kann mit dem Konzept des dreiachsigen Spannungszustandes nach Mohr verglichen werden.

Der amerikanische Ingenieur Andrew Jenike und andere Wissenschaftler haben die Fließeigenschaften von Schüttgütern systematisch untersucht. Mit einem "Jenike-Schergerät" lassen sich so genannte Fließorte bestimmen. Diese geben Aufschluss darüber, wie ein Silo konstruiert sein muss, um einen kontrollierten Massenfluss zu gewährleisten.

 

Wichtige Parameter für die Auslegung eines Silos sind

  • Gesamthöhe des Silos
  • Durchmesser
  • Material und dessen Oberflächenbeschaffenheit
  • Wandrauhigkeit
  • Konuswinkel
  • Austragsgeschwindigkeit
  • Auslaufdurchmesser

Ziel ist es, Silos so zu konstruieren, dass das Schüttgut unter allen Betriebsbedingungen zuverlässig und gleichmäßig ausfließt. Idealerweise erfolgt der Austrag im Massenfluss. Dabei bewegen sich alle Schüttgutbereiche gleichzeitig und gleichmäßig nach unten. Es kommt weder zur Schlotbildung noch zum Kernfluss. Auch Entmischungen innerhalb des Silos werden vermieden.

 

Die Pulvertechnologie und die Fließeigenschaften von Pulvern sind Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten: Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er ist Experte für Partikel- und Grenzflächenverfahrenstechnik. Professor Bernd Kieback, langjähriger Leiter des Lehrstuhls für Pulvermetallurgie an der TU Dresden und des Fraunhofer IFAM in Dresden.Professor Hermann Riedel, ehemaliger Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg. Lutz Mädler, Professor an der Universität Bremen und Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms 2289 zum Mischen disperser Systeme. Bilal Gökce, Professor an der Bergischen Universität Wuppertal mit Schwerpunkt Werkstoffe für die additive Fertigung.

 

Die Fließeigenschaft und die Partikelform sind bei additiven Fertigungsverfahren von besonderer Bedeutung.Die Fließeigenschaft bestimmt, wie gut sich das Pulver im System verteilen lässt. Nur wenn das Pulver gut fließt, entstehen dichte, homogene Schichten. Schlechte Fließeigenschaften führen zu Fehlstellen im Bauteil.
Die Partikelform beeinflusst das Fließverhalten stark. Kugelförmige Partikel fließen besser als unregelmäßig geformte. Metallpulver aus der Gasverdüsung haben in der Regel eine gute Kugelform. Pulver aus der Wasserverdüsung sind oft eckig und fließen schlechter. Die Korngrößenverteilung ist ebenfalls wichtig. Eine enge Korngrößenverteilung mit möglichst wenig Feinanteilen verbessert die Fließeigenschaften. Feine Partikel neigen zur Agglomeration und können die Fließfähigkeit beeinträchtigen. Wichtige Kennwerte sind die Packungsdichte und die Stampfdichte.

 

Die Fließeigenschaften von Pulvern spielen nicht nur bei der Lagerung, sondern auch bei der Abfüllung und Verpackung eine entscheidende Rolle. In modernen Abfüllanlagen, z. B. bei der Verpackung von Instanttee in Sachets, laufen die Prozesse mit sehr hoher Geschwindigkeit ab. Diese Geschwindigkeit ist nur möglich, wenn das Pulver ein gleichmäßiges Fließverhalten aufweist. Außerdem muss es weitgehend staubfrei sein. Andernfalls kann es zu Problemen beim Siegeln der Verpackung kommen. Feiner Staub auf der Siegelnaht verhindert einen dichten Verschluss.

 

Auch die innerbetriebliche Logistik in pulververarbeitenden Betrieben ist auf hinreichnde Fließeigenschaften angewiesen. Nur wenn alle eingesetzten Pulver ein definiertes Fließverhalten aufweisen, können Produktionspzesse automatisiert werden.

 

Chemische und pharmazeutische Wirkstoffpulver (API) haben zum Teil extrem schlechte Fließeigenschaften, wenn sie aus mikrofeinen Partikeln bestehen. Dies gilt insbesondere für Wirkstoffe aus mehrstufigen Synthesen mit nanofeinen Partikeln. Diese können sogar an glatten Edelstahloberflächen haften. Auch solche Fließeigenschaften können verbessert werden. Eine Möglichkeit ist die gezielte Zugabe geringer Mengen von Rieselhilfsmitteln, wie z.B. pyrogener Kieselsäure (Aerosil). Alternativ kann die Partikelgröße durch Agglomeration gezielt vergrößert werden.

 

Zur Charakterisierung der Fließeigenschaften stehen zahlreiche Messmethoden zur Verfügung. Auf dem Markt sind verschiedene Geräte und Systeme erhältlich:

  • Ringschergeräte von Dietmar Schulze Schüttgutmesstechnik Diese Geräte, wie das RST-XS.s und das RST Mk II, messen präzise Fließeigenschaften wie innere Reibung, Zeitverfestigung und Wandreibung. Sie eignen sich besonders für die Siloauslegung und die Charakterisierung von Schüttgütern wie Mehl, Pharmapulver oder Zement. Dietmar Schulze+2Dietmar Schulze+2Dietmar Schulze+2
  • FT4 Pulverrheometer von Freeman Technology Ein vielseitiges Gerät zur Charakterisierung der Pulverrheologie. Es ermöglicht Messungen unter verschiedenen Bedingungen, einschließlich verfestigter, belüfteter oder fluidisierter Zustände, und liefert umfassende Daten zum Pulververhalten. 
  • ERWEKA Granulat-Fließprüfgeräte der GT-Serie Diese Serie umfasst Geräte, die verschiedene Messmethoden zur Bestimmung des Fließverhaltens von Pulvern und Granulaten bieten. Sie ermöglichen unter anderem die Messung des Schüttwinkels mittels Lasertechnologie.
  • PF1 Pulverfließprüfgerät von SOTAX Ein flexibles Gerät zur Charakterisierung der Fließeigenschaften von Pulvern und Granulaten. Es kombiniert drei standardisierte Testmethoden in einem Gerät und ermöglicht einfache, wiederholbare Tests.
  • Pulvertester der Pharma Test Apparatebau AG Der PTG-S5 ist ein automatisches Pulverfließprüfgerät zur Messung des Fließverhaltens von Granulaten und Pulvern nach verschiedenen pharmazeutischen Wirkstoffen. Die Kombination mit einem integrierten NIR-Diodenarray-Spektrometer ist möglich.