
nanodisperse Flüssigkeit
Eine nanodisperse Flüssigkeit ist ein heterogenes System, in dem Feststoffpartikel mit charakteristischen Abmessungen im Nanometerbereich fein in einer kontinuierlichen Flüssigphase verteilt sind. Idealerweise liegen die Partikel als einzelne Primärpartikel vor. In diesem Fall spricht man von einer agglomeratfreien Nanodispersion. Die Herstellung nanodisperser Flüssigkeiten ist energetisch und verfahrenstechnisch anspruchsvoll. Nanopartikel besitzen eine sehr hohe spezifische Oberfläche und damit eine hohe freie Oberflächenenergie. Dies führt zu starken interpartikulären Anziehungskräften, insbesondere Van-der-Waals-Kräften. Diese Kräfte begünstigen die Agglomeration und müssen während des Dispergierprozesses vollständig überwunden werden.
Die erforderliche Desagglomerationsenergie steht in direktem Zusammenhang mit der neu zu erzeugenden Oberfläche. Der minimale energetische Aufwand lässt sich näherungsweise über die Oberflächenenergie beschreiben:
E ≈ γ · ΔA
Dabei ist γ die spezifische Oberflächenenergie des Feststoffs und ΔA die beim Aufbrechen der Agglomerate neu entstehende Oberfläche. Da ΔA mit abnehmender Partikelgröße stark zunimmt, steigt der Energiebedarf für nanodisperse Systeme überproportional an.
In realen Prozessen muss die lokal eingebrachte mechanische Energie größer sein als die Bindungsenergie der Agglomerate. Maßgeblich ist dabei nicht nur die Gesamtenergie, sondern die Leistungs- und Energiedichte im Dispergierraum. Effektive Desagglomeration erfordert hohe lokale Scherraten, Stoßenergien oder druckinduzierte Spannungen, wie sie beispielsweise in Hochscher-, Mahl- oder Kavitationseinrichtungen auftreten.
Die Umgebungsluft stellt beim Dispergieren nanodisperser Pulver in Flüssigkeiten eine bedeutende Störgröße dar. Beim Pulvereintrag wird Luft eingeschleppt, die als Gasphase zusätzliche Grenzflächen erzeugt. Nanopartikel adsorbieren bevorzugt an Gas-Flüssig-Grenzflächen, da dies energetisch günstig ist. Dies fördert die Bildung stabiler Agglomerate und behindert die vollständige Benetzung der Partikel. Der Effekt ist besonders ausgeprägt bei hochviskosen Flüssigkeiten, da eingeschlossene Luftblasen nur langsam entweichen und die effektive Scherübertragung lokal reduziert wird.
Neben der Desagglomeration ist die Stabilität der Dispersion entscheidend. Nanodisperse Flüssigkeiten sind thermodynamisch instabil, können jedoch kinetisch stabilisiert werden. Ohne Stabilisierung neigen Nanopartikel aufgrund ihrer hohen Oberflächenenergie zur Reagglomeration. Die Stabilität wird typischerweise durch elektrostatische Abstoßung beschrieben, etwa im Rahmen der DLVO-Theorie, oder durch sterische Hinderung mittels polymerer oder molekularer Additive.
Die Sedimentation nanodisperser Partikel ist stark reduziert. Die Sinkgeschwindigkeit folgt näherungsweise dem Stokes’schen Gesetz und ist proportional zum Quadrat des Partikeldurchmessers. Für Nanopartikel wird die Sedimentation häufig durch Brown’sche Bewegung überlagert oder vollständig kompensiert. In vielen Fällen sind nanodisperse Flüssigkeiten daher über lange Zeiträume sedimentationsstabil, solange keine Agglomeration auftritt.